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Warum Cannabis in der Schwangerschaft gefährlicher ist als viele denken

Nadine Scheiner
23 Apr 2025
5 Min.
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Cannabis in der Schwangerschaft ist deutlich gefährlicher als viele vermuten. Eine aktuelle US-Studie mit über 316.000 Schwangerschaften zeigt, dass der Konsum das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen um bis zu 33% erhöht. Tatsächlich haben wir festgestellt, dass etwa 22,1% der werdenden Mütter in Deutschland Cannabis während der Schwangerschaft konsumieren.

Darüber hinaus belegen die Daten besorgniserregende Zusammenhänge: Der Cannabiskonsum steigert das Risiko für Schwangerschaftsbluthochdruck um 17%, für Präeklampsie um 8% und für eine Plazentalösung sogar um 19%. Besonders alarmierend ist, dass 67,6% der Frauen den Konsum auch nach dem ersten Trimester fortsetzen.

In diesem Artikel erklären wir die wissenschaftlich nachgewiesenen Risiken von Cannabis während der Schwangerschaft und zeigen auf, warum THC für das ungeborene Kind besonders gefährlich ist. Wir analysieren aktuelle Studien und klären über häufige Missverständnisse auf.

Cannabis in der Schwangerschaft
Cannabis in der Schwangerschaft

Wie verbreitet ist Cannabis in der Schwangerschaft?

Die Datenlage zum Cannabiskonsum während der Schwangerschaft zeigt ein beunruhigendes Bild – sowohl in Deutschland als auch international. Zunächst erscheint wichtig zu verstehen, wie viele werdende Mütter tatsächlich zu Cannabis greifen und warum dieses Thema mehr Aufmerksamkeit verdient.

Zahlen aus Deutschland und den USA

In Deutschland liefert das Pilotprojekt „Substanzgebrauch während der Schwangerschaft und seine Folgen für Mutter und Kind – Fokus Cannabis” alarmierende Erkenntnisse. Von den teilnehmenden schwangeren Frauen und Müttern gaben insgesamt 13% einen Substanzkonsum an. Darunter befanden sich 22,1% Cannabis-Konsumentinnen. Diese Zahl übersteigt deutlich frühere Annahmen und zeigt, dass fast jede fünfte konsumierende Schwangere in Deutschland Cannabis nutzt.

In den USA präsentiert sich die Situation ähnlich besorgniserregend. Die US-amerikanische National Survey on Drug Use and Health berichtet, dass 5% der schwangeren Frauen im Alter von 15-44 Jahren den Gebrauch illegaler Drogen angaben. Eine neuere Studie der University of Georgia kommt zu dem Ergebnis, dass 5,7% der schwangeren Mütter Cannabis im letzten Monat konsumiert hatten.

Besonders auffällig ist die Altersverteilung beim Cannabiskonsum: Bei jugendlichen Schwangeren zwischen 15 und 17 Jahren liegt der Anteil bei erschreckenden 20,9%. Bei den 18-25-jährigen Schwangeren sinkt er auf 8,2%, und bei den über 26-jährigen auf 2,2%. Diese Zahlen verdeutlichen, dass vor allem sehr junge werdende Mütter gefährdet sind.

Darüber hinaus gaben in einer früheren US-Erhebung 2,8% der Schwangeren Cannabis-Konsum an, verglichen mit 16,8%, die Tabak konsumierten, und 10,5%, die Alkohol zu sich nahmen. Das American College of Obstetricians and Gynecologists (ACOG) schätzt, dass 2 bis 5 Prozent aller Schwangeren gelegentlich einen Joint rauchen.

Bemerkenswert ist außerdem, dass der Konsum mit fortschreitender Schwangerschaft tendenziell abnimmt. Die meisten schwangeren Frauen, die Cannabis konsumieren, befinden sich im ersten Schwangerschaftsdrittel. Allerdings setzt ein erheblicher Teil den

Warum viele Frauen den Konsum unterschätzen

Die weitverbreitete Verharmlosung von Cannabis spielt eine zentrale Rolle bei der Unterschätzung der Risiken. In der Studie aus Georgia gaben 70,9% der konsumierenden Schwangeren an, nur ein geringes oder gar kein Risiko im Zusammenhang mit dem Konsum von Marihuana während der Schwangerschaft zu sehen. Diese erschreckend hohe Zahl erklärt teilweise, warum der Konsum trotz bekannter Risiken weiterhin verbreitet ist.

Mehrere Faktoren tragen zu dieser gefährlichen Fehleinschätzung bei:

  1. Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden: Viele Schwangere nutzen Cannabis als Selbstmedikation gegen Übelkeit und Erbrechen in der Frühschwangerschaft. Dr. Mohammad Rifat Haider erklärt: “Marihuana wird als Mittel gegen Übelkeit angesehen, aber so sollte man in der Schwangerschaft nicht damit umgehen, denn es ist schädlich für die Mutter und den Fötus”.
  2. Legalisierungstrend und gesellschaftliche Akzeptanz: Mit zunehmender Legalisierung von Cannabis in verschiedenen Ländern steigt auch die Sicherheitswahrnehmung. In den USA haben Untersuchungen ergeben, dass sogar Apotheken Schwangeren Marihuana zur Linderung von Übelkeit empfohlen haben.
  3. Psychische Belastungen: Ein weiterer Faktor sind psychische Störungen oder schwere depressive Episoden. Wenn gesundheitliche Bedürfnisse nicht befriedigt werden, ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass Betroffene zu Substanzen wie Cannabis greifen.
  4. Fehlendes Risikobewusstsein: Im Gegensatz zu Alkohol und Tabak, deren Schädlichkeit in der Schwangerschaft weithin bekannt ist, herrschen bei Cannabis widersprüchliche Wahrnehmungen vor. Tatsächlich zeigen einige Studien, dass etwa zwei Drittel der schwangeren Frauen, die Cannabis konsumierten, in einem US-Bundesstaat lebten, in dem medizinisches Marihuana legal war.
  5. Unklare Studienlage: Einige Quellen deuten darauf hin, dass die Auswirkungen des Cannabiskonsums in der Schwangerschaft auf das Neugeborene bislang keine eindeutigen Belege erbringen konnten. Solche Aussagen können zur Verharmlosung beitragen, obwohl neuere Studien deutliche Risiken aufzeigen.

Besonders alarmierend ist, dass selbst medizinisches Fachpersonal beim Thema Cannabis in der Schwangerschaft oft nicht ausreichend informiert ist. Die geringe Teilnehmerzahl von Ärztinnen und Ärzten an entsprechenden Studien – trotz intensiver Rekrutierungsbemühungen – wurde im Pilotprojekt der Bundesregierung als “alarmierend” bezeichnet. Dies zeigt eine gefährliche Wissenslücke angesichts der steigenden Konsumzahlen.

Was passiert im Körper bei THC-Konsum während der Schwangerschaft?

Beim Konsum von Cannabis während der Schwangerschaft entsteht ein komplexes biologisches Geschehen, das weitreichende Folgen für die Entwicklung des ungeborenen Kindes haben kann. THC, der psychoaktive Wirkstoff in Cannabis, überwindet problemlos die natürliche Schutzbarriere des Körpers – mit schwerwiegenden Konsequenzen.

Wirkung von THC auf das Hormonsystem

THC greift aktiv in die empfindliche Hormonbalance des weiblichen Körpers ein. Der Wirkstoff verändert die Freisetzung wichtiger Hormone und stört dadurch die natürliche Funktionsweise des weiblichen Fortpflanzungssystems. Diese Störung ist besonders bedeutsam, da ein reibungsloses Zusammenspiel verschiedener Hormone für eine gesunde Schwangerschaft unerlässlich ist.

Forschende haben nachgewiesen, dass Cannabis einen erheblichen Einfluss auf die Hypothalamus/Hypophysen-Achse nimmt – jenen Regelkreis, der für die Hormonproduktion und -steuerung zentral ist. Die Studien zeigen eine erhöhte Serumkonzentration des luteinisierenden Hormons sowie einen höheren Quotienten zwischen luteinisierendem und follikelstimulierendem Hormon. Dieser Effekt ist nicht zu unterschätzen, da eine gestörte Hormonbalance die gesamte Schwangerschaft beeinträchtigen kann.

Darüber hinaus ist wissenschaftlich belegt, dass THC embryotoxisch ist – der Wirkstoff kann also das ungeborene Kind im Mutterleib direkt schädigen. Diese Wirkung ist besonders kritisch, weil Endocannabinoid-Rezeptoren im ganzen Körper verteilt sind und eine wichtige Rolle in der frühen Entwicklungsphase spielen. Tatsächlich stehen diese Rezeptoren vor der Geburt im Körper und insbesondere im Gehirn bereits zur Verfügung, wodurch THC unmittelbar auf das sich entwickelnde Kind einwirken kann.

Einfluss auf die Plazenta und Durchblutung

Ein besonders problematischer Aspekt des Cannabiskonsums während der Schwangerschaft ist die Leichtigkeit, mit der THC die Plazentaschranke überwindet. Diese Barriere sollte eigentlich verhindern, dass schädliche Stoffe den kindlichen Kreislauf erreichen. Allerdings befinden sich in der Plazenta Cannabisrezeptoren, die durch THC stimuliert werden und zu einer Wachstumshemmung führen können.

Die Auswirkungen auf die Plazenta sind vielfältig und schwerwiegend:

  • THC beeinträchtigt den Sauerstoff- und Nährstofftransfer zum Fötus
  • Die Entwicklung des fötalen-plazentaren Kreislaufes wird gestört
  • Die fötalen Kapillarflächen verringern sich
  • Es kann zu einer verstärkten Kollagenablagerung kommen

Diese Veränderungen erklären, warum Cannabis zu intrauterinen Wachstumsstörungen führen kann. Wissenschaftler haben außerdem festgestellt, dass THC die Aktivität zahlreicher Gene, welche die Immunfunktionen der Plazenta regulieren, verändert. Eine Studie an Plazentaproben zeigte, dass von 480 untersuchten Genen tatsächlich alle betroffen waren.

Zudem kann der Zeitpunkt des Cannabiskonsums einen entscheidenden Einfluss auf das Ausmaß der Schädigung haben. Forschungsergebnisse belegen, dass die Wachstumsdefizite im Allgemeinen bei denjenigen am größten sind, die während der gesamten Schwangerschaft Cannabis konsumierten. Jedoch sind die Auswirkungen selbst bei einem Konsum nur in der Frühschwangerschaft noch bedeutsam.

Nicht zuletzt zeigen Studien, dass THC nach Überwindung der Plazentaschranke die Entwicklung des fetalen Gehirns stören kann. Es kommt zu einer Wachstumsstörung von Axonen, die ihr Ziel nicht erreichen. Außerdem führt die THC-Exposition zu einer verminderten Bildung von Stathmin-2, einem für die Nervenzellentwicklung wichtigen Protein. Bei menschlichen Feten zeigt sich nach THC-Exposition ein Mangel an SCG10 in den Nervenzellen des Hippocampus. Dies liefert eine Erklärung für die klinisch beobachteten Entwicklungsstörungen, die in epidemiologischen Studien mit einem Cannabis-Konsum in der Schwangerschaft in Verbindung gebracht wurden.

Diese Veränderungen spiegeln sich auch in tierexperimentellen Befunden wider: Bei Rhesusaffen, die während der Schwangerschaft THC ausgesetzt waren, fanden Forscher veränderte epigenetische Muster – insbesondere im Bereich der Plazenta und im Gehirn der Föten.

Welche Risiken bestehen für das ungeborene Kind?

Neueste Forschungsergebnisse zeigen alarmierende Konsequenzen für Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft Cannabis konsumierten. Die wissenschaftlichen Daten belegen eindeutig, dass THC nicht nur den mütterlichen Organismus beeinflusst, sondern direkte und langfristige Auswirkungen auf das ungeborene Kind hat.

Frühgeburt und geringes Geburtsgewicht

Der Zusammenhang zwischen Cannabis-Konsum in der Schwangerschaft und vorzeitigen Geburten ist durch zahlreiche Studien belegt. Tatsächlich erhöht sich das Risiko einer Frühgeburt vor der 37. Schwangerschaftswoche um 6% und vor der 34. Woche sogar um 11%. Bei anhaltendem Cannabis-Konsum steigt dieses Risiko dramatisch an – einige Untersuchungen wiesen ein fünffach erhöhtes Frühgeburtsrisiko nach.

Besonders aufschlussreich sind Daten zur durchschnittlichen Schwangerschaftsdauer: Frauen, die bis zur 20. Schwangerschaftswoche Cannabis rauchten, brachten ihr Kind im Durchschnitt bereits nach 29,6 Wochen zur Welt, während bei Nicht-Konsumentinnen die Schwangerschaft im Mittel 34,1 Wochen dauerte. Entsprechend wird geschätzt, dass 6,2% aller Frühgeburten – in manchen Regionen sogar bis zu 12% – auf Cannabiskonsum zurückzuführen sein könnten.

Hinsichtlich des Geburtsgewichts zeigen die Daten ebenfalls beunruhigende Trends. Das Risiko für ein niedriges Geburtsgewicht steigt durch Kiffen in der Schwangerschaft um 20%, während das Risiko für eine Mangelgeburt um 24% zunimmt. Eine Meta-Studie mit 12,9 Millionen Babys bestätigt, dass Mütter, die Cannabis konsumierten, mehr als doppelt so häufig ein Baby mit niedrigem Geburtsgewicht zur Welt brachten.

Darüber hinaus leiden Neugeborene unter weiteren messbaren Beeinträchtigungen:

  • Reduktion des durchschnittlichen Geburtsgewichts um 112,3 g
  • Verringerter Kopfumfang um durchschnittlich 0,34 cm
  • Niedrigerer Apgar-Wert nach einer Minute (-0,26 Punkte)
  • Erhöhtes Risiko (6%) für die Aufnahme auf eine Neugeborenen-Intensivstation

Neurologische und kognitive Entwicklungsstörungen

Noch besorgniserregender sind allerdings die langfristigen neurologischen und kognitiven Auswirkungen. Aktuelle Forschungen, die beim Europäischen Psychiatriekongress 2024 vorgestellt wurden, zeigen, dass Kinder von Müttern mit Cannabis-Konsum in der Schwangerschaft ein 98% höheres Risiko für ADHS, ein 94% höheres Risiko für Autismus-Spektrum-Störungen und ein 46% höheres Risiko für geistige Behinderungen aufweisen.

Die Ursachen dieser Entwicklungsstörungen lassen sich teilweise auf neurologischer Ebene nachweisen. Da Cannabinoid-Rezeptoren bereits im Gehirn von Ungeborenen vorhanden sind, kann THC die Gehirnentwicklung direkt beeinflussen. MRT-Untersuchungen zeigen, dass Kinder, deren Mütter während der Schwangerschaft Cannabis konsumierten, eine dickere Hirnrinde im Bereich des Frontalhirns aufweisen – einer Region, die für höhere kognitive Funktionen wie Aufmerksamkeit und planerisches Handeln verantwortlich ist.

Folgerichtig belegen mehrere Langzeitstudien konkrete Entwicklungsdefizite bei betroffenen Kindern:

  • Auffälligkeiten in der Sprachentwicklung und Lernfähigkeit
  • Signifikante Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses und des sprachlogischen Denkens
  • Erhöhte Anfälligkeit für Ängste, Depressionen und aggressives Verhalten
  • Aufmerksamkeitsprobleme und Hyperaktivität
  • Größere Stressanfälligkeit

Besonders kritisch ist der Zeitpunkt des Cannabis-Konsums. Ab der siebten Schwangerschaftswoche beginnt die Entwicklung des Gehirns, wodurch THC in dieser Phase besonders schädlich wirken kann. Allerdings unterstreichen Forscher: Je früher werdende Mütter den Konsum einstellen, desto besser sind die Chancen auf eine normale Entwicklung des Kindes.

Zusammenfassend bekräftigen diese Ergebnisse, dass THC während der Schwangerschaft erhebliche und langfristige Risiken für das ungeborene Kind birgt – Risiken, die weit über die Geburtsphase hinaus das gesamte Leben des Kindes beeinflussen können.

Welche Gefahren drohen der werdenden Mutter?

Nicht nur für das ungeborene Kind birgt Cannabiskonsum während der Schwangerschaft erhebliche Risiken – auch die werdende Mutter setzt sich konkreten gesundheitlichen Gefahren aus. Aktuellen Studien zufolge kann Kiffen in der Schwangerschaft verschiedene schwerwiegende Komplikationen verursachen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit der Mutter haben.

Schwangerschaftsbluthochdruck und Präeklampsie

Eine umfangreiche US-amerikanische Kohortenstudie liefert beunruhigende Erkenntnisse: Frauen, die während der Schwangerschaft Cannabis konsumieren, haben ein signifikant erhöhtes Risiko für Bluthochdruck in der Schwangerschaft. Die adjustierte Risk Ratio (aRR) liegt bei 1,17, was einem um 17% gesteigerten Risiko entspricht. Das Konfidenzintervall von 1,13 bis 1,21 unterstreicht die statistische Zuverlässigkeit dieses Zusammenhangs.

Besonders besorgniserregend ist allerdings das erhöhte Risiko für eine Präeklampsie – einer potenziell lebensbedrohlichen Schwangerschaftskomplikation. Diese durch Bluthochdruck und Eiweißausscheidung im Urin gekennzeichnete Erkrankung tritt bei Cannabis konsumierenden Schwangeren um 8% häufiger auf (aRR: 1,08)[182]. Die Konfidenzintervalle (95% KI: 1,01 – 1,15) belegen diese Assoziation deutlich.

Die Präeklampsie stellt keine harmlose Begleiterscheinung dar, sondern kann unbehandelt zu schwersten Komplikationen führen, darunter:

  • Krampfanfälle (Eklampsie)
  • Nieren- und Leberschäden
  • Gerinnungsstörungen
  • Im schlimmsten Fall lebensbedrohliche Zustände für Mutter und Kind

Darüber hinaus beobachteten die Forscher bei Cannabis konsumierenden Schwangeren Auffälligkeiten bei der Gewichtsentwicklung. Sowohl eine Zunahme des Körpergewichts unterhalb der empfohlenen Werte (aRR: 1,05) als auch eine stärkere Gewichtszunahme als empfohlen (aRR: 1,09)[182] traten häufiger auf. Diese Abweichungen vom empfohlenen Gewichtskorridor während der Schwangerschaft können ihrerseits weitere Gesundheitsrisiken mit sich bringen.

Plazenta-Ablösung und andere Komplikationen

Neben den bereits genannten Risiken zeigen die Studien ein deutlich erhöhtes Risiko für eine vorzeitige Plazentaablösung. Bei dieser akuten Notfallsituation löst sich die Plazenta teilweise oder vollständig von der Gebärmutterwand, wodurch die Sauerstoff- und Nährstoffversorgung des Kindes akut gefährdet ist und starke Blutungen auftreten können.

Frauen, die während der Schwangerschaft Cannabis konsumierten, wiesen ein um 19% erhöhtes Risiko für diese gefährliche Komplikation auf (aRR: 1,19)[162][182]. Die Konfidenzintervalle (95% KI: 1,05 – 1,36) bestätigen die Signifikanz dieses Zusammenhangs. Eine vorzeitige Plazentaablösung kann ohne sofortige medizinische Intervention lebensbedrohlich für Mutter und Kind werden.

Angesichts dieser Risiken ist bemerkenswert, dass viele Studien der vergangenen Jahrzehnte sich hauptsächlich auf die Auswirkungen von Cannabiskonsum auf das ungeborene Kind konzentriert haben, während die Risiken für die werdende Mutter weniger Aufmerksamkeit erhielten. Allerdings unterstreichen die Forschenden der zitierten Studien die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen zu den Auswirkungen auf die mütterliche Gesundheit – insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Legalisierung und steigenden Konsumraten in westlichen Ländern.

Beim Cannabiskonsum in der Schwangerschaft handelt es sich tatsächlich nicht um ein harmloses Verhalten, sondern um eine Gefährdung der eigenen Gesundheit als werdende Mutter. Entsprechend empfehlen medizinische Fachleute schwangeren Frauen, die Cannabis konsumieren, dringend ein ausführliches Gespräch mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu den Risiken dieses Konsums.

Es ist zudem wichtig zu verstehen, dass selbst der Cannabiskonsum in frühen Schwangerschaftsphasen negative Auswirkungen haben kann. Frauen, die eine Schwangerschaft planen oder bereits schwanger sein könnten, sollten daher vorsichtshalber gänzlich auf THC verzichten.

Die Entscheidung, während der Schwangerschaft Cannabis zu konsumieren, ist folglich nicht nur eine Abwägung potenzieller Risiken für das ungeborene Kind, sondern betrifft unmittelbar die eigene Gesundheit der werdenden Mutter – mit nachgewiesenen erhöhten Risiken für schwerwiegende und teilweise lebensbedrohliche Schwangerschaftskomplikationen.

Was sagen aktuelle Studien zu Cannabis in der Schwangerschaft?

Wissenschaftliche Untersuchungen liefern zunehmend detaillierte Erkenntnisse über die Auswirkungen von Cannabiskonsum während der Schwangerschaft. Insbesondere zwei große Studien haben in den letzten Jahren für Aufsehen gesorgt und unsere Kenntnisse über die Risiken des Cannabiskonsums in der Schwangerschaft erheblich erweitert.

Ergebnisse der nuMoM2b-Studie

Die nuMoM2b-Studie (Nulliparous Pregnancy Outcomes Study Monitoring Mothers-to-be) untersuchte den Einfluss des Cannabiskonsums auf die Entwicklung des ungeborenen Kindes. Dr. Phoebe Dodge und ihr Team vom Central Michigan University College fanden dabei entscheidende Zusammenhänge zwischen dem Zeitpunkt des Cannabiskonsums und dem Ausmaß der Wachstumsdefizite bei Neugeborenen.

Die Forschungsergebnisse zeigten eindeutig, dass der Cannabiskonsum während der gesamten Schwangerschaft im Vergleich zu einem Konsum, der nur zu Beginn stattfand, den größten negativen Einfluss auf das Wachstum des ungeborenen Kindes hat. Nach Kontrolle möglicher Störfaktoren ergaben die statistischen Auswertungen:

  • Eine signifikante Abnahme des Neugeborenengewichts nach Cannabisexposition im ersten Trimenon (-154 g)
  • Eine noch stärkere Gewichtsabnahme bei Exposition während der gesamten Schwangerschaft (-185 g)
  • Signifikante Defizite im Kopfumfang nach Cannabisexposition im ersten und zweiten Trimester (-0,83 cm)
  • Verringerte Kopfumfänge (-0,79 cm) bei Exposition während der gesamten Schwangerschaft

Bemerkenswert ist jedoch, dass die Körperlänge des Neugeborenen durch die Cannabisexposition nicht signifikant beeinflusst wurde. Dennoch unterstreichen die Wissenschaftler, dass selbst der Konsum nur zu Beginn der Schwangerschaft bedeutsame Auswirkungen auf das Wachstum des Kindes hat.

Ebenso entscheidend: Die Studienautoren betonen, dass die Chancen eines Fötus auf normales Wachstum und eine bessere Gesundheit und Entwicklung umso größer sind, je früher die Mütter mit dem Cannabiskonsum aufhören. Dies ist besonders relevant, da ein niedriges Geburtsgewicht und ein geringer Kopfumfang mit neurologischen und psychologischen Problemen, gesundheitlichen Komplikationen in der Kindheit und verschiedenen nicht übertragbaren Krankheiten im Erwachsenenalter in Verbindung gebracht werden.

Datenlage aus der Young-Wolff-Studie

Die umfangreiche Untersuchung von Dr. Kelly Young-Wolff und ihrem Team liefert ergänzend wertvolle Erkenntnisse über die Auswirkungen von Cannabis auf die Gesundheit der werdenden Mutter. Für diese Studie wurden Daten aus 316.722 Schwangerschaften (250.221 Frauen) aus den Jahren 2011 bis 2019 analysiert.

Von den teilnehmenden Schwangeren wurden 20.053 in der Schwangerenvorsorge positiv auf Cannabis getestet. Die Ergebnisse zeigen ein konsistentes Muster erhöhter Gesundheitsrisiken bei Cannabis-Konsum gegenüber Nicht-Konsum während der Schwangerschaft:

  • Schwangerschaftshochdruck stieg um 17%
  • Präeklampsie nahm um 8% zu
  • Das Risiko einer Plazenta-Ablösung erhöhte sich um 19%
  • Zu geringe Gewichtszunahme in der Schwangerschaft war um 5% häufiger
  • Zu hohe Gewichtszunahme trat 9% öfter auf

Darüber hinaus dokumentierte eine weitere von Young-Wolff geleitete Langzeitstudie beunruhigende Trends in der Häufigkeit des Cannabiskonsums während der Schwangerschaft. Zwischen 2009 und 2017 stieg die Prävalenz des Cannabiskonsums im Jahr vor der Schwangerschaft von 6,80% auf 12,50%, während der Konsum während der Schwangerschaft von 1,95% auf 3,38% zunahm.

Besonders alarmierend: Die Rate des täglichen Cannabiskonsums während der Schwangerschaft stieg am schnellsten – von 0,28% auf 0,69%. Dies entspricht einer jährlichen relativen Änderungsrate von 1,110 (95% KI: 1,089-1,132) für täglichen Konsum, verglichen mit 1,075 (95% KI: 1,059-1,092) für wöchentlichen Konsum und 1,044 (95% KI: 1,032-1,057) für monatlichen oder selteneren Konsum.

Zusätzlich zu diesen großen Studien liefert das deutsche Pilotprojekt „Substanzgebrauch während der Schwangerschaft und seine Folgen für Mutter und Kind – Fokus Cannabis” weitere wichtige Erkenntnisse. Im Rahmen dieses Projekts gaben 13% der teilnehmenden schwangeren Frauen und Mütter einen Substanzkonsum an, wobei Cannabis von 22,1% der Befragten genannt wurde.

Eine umfassende Meta-Analyse von 16 Studien mit fast 60.000 Schwangeren identifizierte zudem sieben konkrete kindliche Geburtskomplikationen im Zusammenhang mit mütterlichem Cannabiskonsum. Das relative Risiko für Geburtsgewicht unter 2.500 g lag bei 2,06, für Mangelgeburten bei 1,61, für die Aufnahme auf eine Neugeborenen-Intensivstation bei 1,38 und für Frühgeburten vor der 37. Woche bei 1,28.

Die Gesamtheit dieser Studien unterstreicht die wissenschaftliche Evidenz für die erheblichen Risiken des Cannabiskonsums während der Schwangerschaft – sowohl für das ungeborene Kind als auch für die werdende Mutter.

Warum wird die Gefahr oft unterschätzt?

Trotz wachsender wissenschaftlicher Erkenntnisse werden die Gefahren von Cannabis in der Schwangerschaft häufig unterschätzt. Diese gefährliche Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln hat mehrere Ursachen.

Legalisierung und gesellschaftliche Wahrnehmung

Mit der zunehmenden Legalisierung von Cannabis ist auch die Sicherheitswahrnehmung gestiegen. In den USA wurden erschreckenderweise sogar Fälle dokumentiert, in denen Apotheken Marihuana zur Linderung von Schwangerschaftsübelkeit empfahlen.

Die gesellschaftliche Darstellung von Cannabis als harmlose “Freizeitdroge” in Medien und Öffentlichkeit trägt wesentlich zur Verharmlosung bei. Tatsächlich zeigen Daten aus US-Bundesstaaten mit Cannabislegalisierung einen deutlichen Rückgang der Risikowahrnehmung. Infolgedessen liegen dort die Konsumquoten um 30 bis 60 Prozent höher als in anderen Bundesstaaten.

Besonders besorgniserregend: In Kalifornien, wo erst 2018 der nicht-medizinische Cannabiskonsum legalisiert wurde, herrscht bereits seit Jahrzehnten ein entspanntes Verhältnis zu dieser vermeintlich “weichen” Droge. Allerdings häufen sich gerade in den letzten Jahren Studien, die die schädlichen Auswirkungen von Kiffen während der Schwangerschaft belegen.

Fehlendes Wissen über CBD und THC

Obwohl 80% des medizinischen Fachpersonals und 82,4% der schwangeren Frauen wissen, dass Cannabis in der Schwangerschaft negative Auswirkungen auf das Kind haben kann, klafft eine beunruhigende Lücke zwischen Wissen und Handeln.

Der Konsum von CBD gilt in der Öffentlichkeit oft als unbedenklich und wird selbst von Schwangeren bei Schlafstörungen, Nervosität oder Schmerzen eingesetzt. Dennoch ist wenig über die konkreten Auswirkungen bekannt. Besonders der orale Cannabis-Konsum oder die ausschließliche Verwendung von CBD wird trotz fehlender Studien häufig als sicherer angesehen.

Erschreckend ist zudem: Obwohl fast alle medizinischen Fachpersonen angaben, den Cannabiskonsum einer werdenden Mutter zu behandeln, berichteten nur zwei Frauen, jemals wegen ihres Konsums angesprochen worden zu sein. Dies verdeutlicht eine gefährliche Behandlungslücke zwischen substanzkonsumierenden und tatsächlich therapierten Schwangeren.

Besonders kritisch: Die meisten Frauen konsumieren Cannabis mit Tabak, wodurch eine Doppelbelastung durch Nikotin und THC in der Schwangerschaft entsteht. Dadurch potenzieren sich die bereits einzeln bestehenden Risiken für das ungeborene Kind erheblich.

Schlussfolgerung

Zusammenfassend zeigen die wissenschaftlichen Daten eindeutig, dass Cannabis während der Schwangerschaft deutlich gefährlicher ist als viele vermuten. Tatsächlich erhöht der Konsum das Risiko für Schwangerschaftskomplikationen bei der Mutter um bis zu 33% und führt zu schwerwiegenden Entwicklungsstörungen beim ungeborenen Kind.

Besonders alarmierend sind die langfristigen neurologischen Auswirkungen auf das Kind, die sich in einem bis zu 98% höheren Risiko für ADHS und einem 94% höheren Risiko für Autismus-Spektrum-Störungen widerspiegeln. Die Gefahr wird durch die zunehmende gesellschaftliche Akzeptanz und Verharmlosung von Cannabis noch verstärkt.

Dennoch gibt es Hoffnung: Studien belegen, dass die Chancen auf eine normale Entwicklung des Kindes umso besser sind, je früher werdende Mütter den Konsum einstellen. Medizinische Fachkräfte raten daher dringend, bei einer geplanten oder bestehenden Schwangerschaft vollständig auf Cannabis zu verzichten.

Die Gesundheit von Mutter und Kind steht an erster Stelle – dieser wissenschaftlich fundierte Ratschlag sollte über gesellschaftliche Trends und vermeintliche Harmlosigkeit gestellt werden.

FAQs

Q1. Ist gelegentlicher Cannabiskonsum während der Schwangerschaft unbedenklich? Nein, selbst gelegentlicher Cannabiskonsum in der Schwangerschaft ist nicht unbedenklich. Studien zeigen, dass jeglicher Konsum das Risiko für Komplikationen bei Mutter und Kind erhöht. Auch ein einmaliger oder seltener Konsum kann die Entwicklung des Ungeborenen beeinträchtigen.

Q2. Welche Auswirkungen hat Cannabis auf das ungeborene Kind? Cannabis kann schwerwiegende Folgen für das ungeborene Kind haben. Dazu gehören ein erhöhtes Risiko für Frühgeburten, geringes Geburtsgewicht und langfristige neurologische Entwicklungsstörungen wie ADHS oder Autismus-Spektrum-Störungen. Auch die kognitive Entwicklung und das Lernverhalten können beeinträchtigt werden.

Q3. Ist CBD-Konsum in der Schwangerschaft sicherer als THC? Obwohl CBD oft als unbedenklicher gilt, gibt es keine ausreichenden Studien, die seine Sicherheit in der Schwangerschaft belegen. Experten raten daher, auch auf CBD-Produkte während der Schwangerschaft zu verzichten, da mögliche Risiken für das ungeborene Kind nicht ausgeschlossen werden können.

Q4. Welche Gefahren bestehen für die schwangere Frau bei Cannabiskonsum? Cannabiskonsum in der Schwangerschaft erhöht für die werdende Mutter das Risiko für Schwangerschaftsbluthochdruck, Präeklampsie und vorzeitige Plazentalösung. Zudem kann es zu Problemen bei der Gewichtszunahme kommen. Diese Komplikationen können im schlimmsten Fall lebensbedrohlich für Mutter und Kind sein.

Q5. Kann ich Cannabis zur Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit nutzen? Nein, Cannabis sollte nicht zur Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden eingesetzt werden. Obwohl es manchmal gegen Übelkeit empfohlen wird, überwiegen die Risiken für Mutter und Kind deutlich. Es gibt sicherere Methoden zur Linderung von Schwangerschaftsbeschwerden, die Sie mit Ihrem Arzt besprechen sollten.

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