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Logopädie für Kinder

Nadine Scheiner
09 May 2019
6 min.
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Jedes Kind hat sein eigenes Tempo, in dem es das Sprechen und die Sprache erlernt. Schon ab dem Säuglingsalter sind die entsprechenden Werkzeuge wie Zunge, Zwerchfell, Lippen, Kehlkopf vorhanden, damit die ersten Laute gebildet werden können. Die intensive Sprachentwicklung des Kindes zieht sich dabei von dem ersten Geburtsschrei bis ins fünften Lebensjahr. Wer wie schnell dazu lernt, ist individuell verschieden. Hin und wieder kann es zu Beeinträchtigungen in der Sprachentwicklung oder zu Sprachstörungen kommen, die normalerweise nach einiger Zeit von selbst verschwindet. In einigen Fällen treten derartige Störungen aber auch noch im Alter von fünf Jahren auf und bleiben über einen längeren Zeitraum, ohne dass sich etwas bessert. Liegt tatsächlich eine Sprachstörung vor, hilft eine Behandlung durch Logopädie.

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Die verschiedenen Sprach- und Sprachentwicklungsstörungen

Unter Sprachstörungen fallen Redeflussstörungen wie Stottern, das länger als 6 Monate andauert und Poltern, Stimmstörungen, Näseln oder Sprachentwicklungsstörungen bzw. Artikulationsstörungen wie Lispeln, Dysgrammatismus und Stammeln.
Das Stottern meint das “Hängenbleiben” beim Sprechen an verschiedenen Worten oder verschiedenen Lauten, das nach und nach zu einer Blockade wird und von Symptomen wie Atemstörungen und bewegter Mimik und/oder Gestik begleitet werden kann. Poltern ist mit dem Stottern artverwandt und meint ein überhastetes Sprechen, bei dem Worte und Silben verschluckt werden. Stimmstörungen erkennt man an einer Stimme, die zum Beispiel sehr heiser und gepresst klingt. Näseln gibt es in einer geschlossenen und offenen Form. Beim geschlossenen Näseln werden “m”, “n” und “ng” zu “d” und “b” zu “g”. Das offene Näseln sorgt für eine Beeinträchtigung aller Laute mit Ausnahme von “m”, “n” und “ng” und wird von einem hörbaren Luftstrom der Nase begleitet. Die Sprachentwicklungsstörungen meinen die Unfähigkeit oder Schwierigkeit, Laute oder Lautverbindungen richtig auszusprechen. Dazu gehört auch das Lispeln. Dauern Sprachentwicklungsstörungen lange an spricht man vom Stammeln bzw. von Dyslalie. Dysgrammatismus bezeichnet eine auffällige Satzbildung mit verdrehten Sätzen, falscher Konjugation, falscher Verwendung von Artikeln oder der fortdauernden Verwendung des Infinitivs.

Logopädie für Kinder

Die Logopädie beschäftigt sich mit Störungen der Kommunikationsfähigkeit. Das Wort setzt sich dabei aus den altgriechischen Wörtern “logos” = Wort und “paideia” = Erziehung oder Bildung. Logopädie wird angewendet bei Artikulationsstörungen, Sprachentwicklungsstörungen, Stimmstörungen und Redeflussstörungen. Gerade bei Kindern macht eine logopädische Behandlung Sinn, denn die meisten Störungen der Kommunikationsfähigkeit entwickeln sich im Kindesalter und können dort auch noch am besten behandelt werden. Bei einer Logopädie-Behandlung erfolgt zunächst ein Anamnesegespräch, bei welchem Informationen über die Entstehung, den Verlauf und den Grad der Sprachstörung gesammelt werden. Mit Hilfe der Diagnostik wird ein individueller Therapieplan erstellt. Sprach-, Sprech-, Stimm- und Schlucktechniken dienen zur Behandlung der jeweiligen Störung.

Logopädie für Kinder ab wann?

Dass sich Kinder in der Entwicklung hin und wieder mit der Aussprache schwer tun, ist ganz normal und nicht weiter besorgniserregend. Sollte es aber ab dem Alter von 5 Jahren Hinweise auf eine Artikulationsstörung, Sprachentwickungsstörung, Stimmstörung oder Redeflussstörung geben, dann sollte man nicht allzu lange damit warten, den Kinderarzt aufzusuchen. Bestätigt sich der Verdacht auf eine Störung, wird der Kinderarzt das Kind an einen Logopäden oder gegebenenfalls an einen Facharzt weiterleiten. Je eher mit der geeigneten Behandlung begonnen wird, umso schneller und unkomplizierter lässt sich die Störung in den meisten Fällen korrigieren. Die Logopädie-Therapie kann mehrere Wochen bis zu einigen Monaten dauern und findet normalerweise in einer regelmäßigen dreiviertelstündigen Sitzung statt, die für Kinder spielerisch gestaltet wird.

Wer verschreibt Logopädie für Kinder und was kostet diese?

Die Logopädie-Behandlung muss vom Kinderarzt verordnet werden. Es handelt sich dabei um ein Heilmittel der medizinischen Grundversorgung, die bei der Verschreibung auch von den Krankenkassen übernommen wird. Im Falle der Kinder-Logopädie bedarf es keiner Zuzahlungen.

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Logopädie – wie gehen Eltern damit um?

Eltern wünschen ihrem Kind nur das Beste. So ist es nicht verwunderlich, dass sich viele Eltern damit schwer tun, wenn bei ihrem Kind ein Verdacht auf ein Sprachstörung besteht. Gerade im Bezug auf die Ursachen sorgen sich möglicherweise einige Eltern, selbst die Schuld daran zu tragen. Allerdings sollten Eltern solche Gedanken vermeiden und dafür die gegebene Situation ernst nehmen. Wird das Kind rechtzeitig gefördert, dann lässt sich die Sprachstörung meistens korrigieren. Für die Sprachstörung oder Sprachentwicklungsstörungen des Kindes muss man sich im Übrigen nicht schämen. Es hat auch nichts mit Dummheit oder Intelligenz zu tun. Selbst Sir Isaac Newton, Charles Darwin und Winston Churchill sollen gestottert haben. Mit dem Kind ist also normalerweise alles in Ordnung. Eltern sollten außerdem ihrem Kind Mut machen und dessen Selbstvertrauen fördern, falls sich andere Kinder über die Art zu sprechen lustig machen.

Logopädie Übungen für Kinder Zuhause

Mundmotorische Übungen kann man auch zu Hause machen. Dazu ist es hilfreich festzustellen, ob das Kind durch die Nase atmet. Atmet es mit offenem Mund und liegt die Zunge dabei auch noch zwischen den Zähnen, statt mit der Spitze am Gaumen, führt dies zu einer gestörten Mundmotorik. Ständiges Mundatmen sollte mit einem Kinderarzt abgeklärt werden. Um Aussprachefehlern entgegenzuwirken und eine Atmung mit geschlossenem Mund zu fördern, kann man mit Lippen- und Zungenübungen die Muskulatur der Zunge und im Mundbereich unterstützen. 
Pustespiele gelten dabei als sehr effektiv. Bei diesen Übungen muss ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, dass das Kind beim Pusten die Luft nicht zu stark einsaugt, sondern ruhig atmet. So lassen sich Kerzen auspusten, die man immer weiter entfernt aufstellt. Auf einem Fußballfeld kann die Watte wie ein Ball hin und her gepustet werden. Man kann außerdem das Kind mit Hilfe eines Strohhalms Blasen blubbern lassen. Für die Lippenübungen kommt wieder ein Strohhalm ins Spiel. Diesmal wird mit festem Lippen aus ihm getrunken. Oder ein Stift oder vergleichbarer Gegenstand wird zwischen Mund und Nase geklemmt. Um die Zunge zu trainieren, lässt man das Kind zum Beispiel einen Bonbon balancieren oder die Zunge in verschiedene Richtungen bewegen. Empfohlen werden diese Übungen an vier bis fünf Tagen die Woche für jeweils zehn Minuten. Am meisten Spaß macht es den Kindern dabei, wenn Mama oder Papa dabei mitmachen. Die Übungen für zu Hause ersetzen bei einer Sprachstörung aber nicht die logopädische Behandlung. Vielmehr sollen sie einer Sprachstörung vorbeugen oder eine logopädische Behandlung unterstützen.

Logopädie Bücher für Kinder

Auch spezielle Kinderbücher können dabei helfen, die Übungen zu vertiefen und dem Kind außerdem vermitteln, dass es mit seinem Problem nicht allein ist. Viele Bücher greifen das Thema auf besonders humorvolle Art und Weise auf und sorgen mit ihren Übungen nicht nur für Sprachförderung, sondern auch für jede Menge Spaß in der Familie.

“Paula lernt richtig sprechen – Therapiebegleitbuch zur Ausspracheförderung” von Caroline Mülke widmet sich dem “Sch”-Laut.

Das kleine Schaf Paula hat nämlich Probleme “Sch” auszusprechen. Hilfe bekommt es vom Pferd Emma, das selbst Logopädin ist. Das Buch enthält nicht nur Übungen, sondern auch schöne Illustrationen.

Besonders witzige Übungen findet man in dem Buch “Warum gähnt das Nilpferd? – Unterhaltsame Sprechübungen für Kinder” von Ewa Morkowska.

Weitere Bücher der Reihe sind “Wau, wau, miau und kikeriki”

und “Fauchen wie ein Drache”.

Nicht nur für die Familie, sondern auch für Kita-Gruppen geeignet ist “Clown Kallis fröhlicher Sprachzirkus – Ein Mitmach-Bilderbuch zur Sprachförderung” von Julia Volmert und Susanne Szesny.

Die Geschichte der Zirkusartisten, die an Windpocken erkrankt sind, läd alle Kinder zum Mitmachen besonders unterhaltsamer Übungen ein, die nebenbei Sprache, Feinmotorik und das logische Denken fördern sollen.

Logopädie Spiele für Kinder

Neben verschiedenen Büchern, kann man die Sprache von Kindern auch mit Spielen fördern.

Das Kartenspiel “Mi-Ma-Mundmotorik” enthält 50 Spielkarten mit verschiedenen Übungen.

“Lautspiel zu S und Z: Zwergenreise um den See” üben Kinder die korrekte Aussprache von “S” und “Z”, indem sie bestimmte Aufgaben erfüllen, z.B. das Summen einer Biene nachzuahmen.

“Lautspiel zu SCH: Reise durchs Schlaraffenland” ist ein Würfelspiel, bei welchem der Laut “Sch” behandelt wird.

Darauf sollten Eltern achten, wenn das Kind eine Sprachstörung hat

Logopäden empfehlen Eltern, die Kinder aussprechen zu lassen, ohne ständig Grammatik, Satzbau oder Aussprache zu korrigieren, damit sie nicht die Freude am Sprechen verlieren oder Blockaden aufbauen. Insbesondere das Korrigieren oder Tadeln vor anderen Menschen, kann sich sehr negativ auswirken. Das Vollenden von Sätzen ist ebenfalls alles andere als hilfreich. Stattdessen sollte man seinem Kind aufmerksam zuhören und sich ausreichend Zeit nehmen. Ist man mal gestresst und muss sich auf etwas anderes konzentrieren, sollte man das Gespräch auf später verschieben. Sprechen die Eltern selbst, sollten sie dies ruhig und mit einer sauberen und deutlichen Aussprache tun, jedoch ohne dabei zu übertreiben.

Das Wichtigste ist, dass die Sprachstörung zwar behandelt wird, sie jedoch nicht zu stark in den Fokus der Aufmerksamkeit rückt. Fortlaufendes Loben für korrekte Aussprache mag zwar gut gemeint sein, ist aber ebenso destruktiv. Der beste Umgang mit der Sprachstörung ist neben der Förderung, Geduld und Gelassenheit.

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